- politische Soziologie
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zwischen Soziologie und Politikwissenschaft angesiedeltes Forschungsfeld, dessen Gegenstand die Untersuchung der wechselseitigen Einflüsse und Abhängigkeiten von Politik und Gesellschaft, von politischen und gesellschaftlichen Erscheinungen und Zusammenhängen ist. Dabei wird politische Soziologie teilweise im Sinne einer speziellen Soziologie verstanden, die spezifisch soziologische Fragestellungen auf den Bereich der Politik bezieht (z. B. die Folgen sozialen Wandels oder von Veränderungen in der Sozialstruktur für politische Partizipation und Repräsentation). Politische Soziologie kann aber auch als eigenständiges Themenfeld im Rahmen einer als Integrationswissenschaft verstandenen Politikwissenschaft aufgefasst werden und fragt dann beispielsweise nach den gesellschaftlichen Voraussetzungen und Auswirkungen politischen Handelns und politischer Institutionen.Mit Fragestellungen der politischen Soziologie beschäftigt haben sich so bereits Aristoteles, Augustinus, Ibn Chaldun, N. Machiavelli, T. Hobbes. Als unmittelbare Vorläufer der heutigen politischen Soziologie, können die Begleiter und Kritiker des im 18. Jahrhundert einsetzenden bürgerlichen Emanzipationsprozesses und der liberalen und sozialistischen Gesellschaftsentwürfe des 19. Jahrhunderts angesehen werden (Montesquieu, A. Ferguson, A. de Tocqueville, K. Marx). Die für die politische Soziologie grundlegenden Kategorien zur Beschreibung und Analyse moderner Gesellschaften (soziales Handeln, Macht, Herrschaft, Bürokratie, Verbände u. a.) gehen auf M. Weber zurück. Wichtig für die Ausbildung der politischen Soziologie im heutigen Sinn wurden besonders Arbeiten K. Mannheims.Seit 1945 bestimmen die politische Soziologie Untersuchungen über Wählerverhalten, gesellschaftliche Partizipationsmöglichkeiten, politische Sozialisation, politische Einflussstrukturen (Parteien, Institutionen, Interessenverbände, Verwaltung) und die Funktion von Eliten in der Gesellschaft. Daneben sind besonders unter dem Eindruck der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen nach dem Ende des Ost-West-Konfikts sowie einer durch die Prozesse der wirtschaftlichen Globalisierung und gesellschaftlichen Individualisierung hervorgerufenen Krise des nationalstaatlichen Politikmodells neue Feststellungen getreten: nach einer möglicherweise wachsenden Distanz von Bürgern und Politik, nach neuen politischen Organisationsformen, den durch technische Entwicklungen gesteigerten Problemen politischer Kontrolle (Gentechnik. neue Medien) sowie den gesellschaftlichen Transformationsprozessen in Osteuropa.I. L. Horowitz: Grundlagen der p. S., 5 Bde. (a. d. Amerikan., 1975-76);R. Ebbighausen: P. S. Zur Gesch. u. Ortsbestimmung (1981);K. Lenk: P. S. Strukturen u. Integrationsformen der Gesellschaft (1982);R. Münch: Basale Soziologie. Soziologie der Politik (1982);Konfliktpotentiale u. Konsensstrategien. Beitrr. zur p. S. der Bundesrep., hg. v. D. Herzog u. B. Wessels (1989);Die Eigenart der Institutionen. Zum Profil polit. Institutionentheorie, hg. v. G. Göhler (1994);Bundesrep. Dtl.: Auf dem Weg von der Konsens- zur Konfliktgesellschaft, hg. v. W. Heitmeyer, 2 Bde. (1997).Weitere Literatur: Bürokratie
Universal-Lexikon. 2012.